Neue Pioniere – Sinnstiftende Formen der Zusammenarbeit
Frederic Laloux: Reinventing Organizations
Frederic Lalouxs Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit wurde bereits im Jahr 2015 verlegt (Verlag Franz Vahlen München), aber er ist dennoch hochaktuell, da wir erst Schritt für Schritt in dieses neue Bewusstsein hineinwachsen.
Frederic Laloux hat mit seiner Expertise ein Organisationsmodell entwickelt, das mit seinem integralen, evolutionären Paradigma die Identifikation mit unserem eigenen Ego überwindet und von äußeren zu inneren Masstäben für unsere Entscheidungsfindung wechselt: „Bin ich von Nutzen für die Welt?“ (S. 44) Und natürlich können wir das Erkannte auch in anderen Lebensbereichen weiterdenken: In Schule, Kindertagesstätte, Elternhaus, Gesundheit, Politik, Kunst, Sport und Wissenschaft. Denn das integrale, evolutionäre Paradigma, das dahinter steht, ist ein Bewusstseins-Modell, das sich nicht auf Unternehmen reduziert.
Auf dieser neuen Bewusstseinsstufe verstehen wir, dass wir Teil von etwas Größerem sind, dass wir eins mit der Natur sind (vgl. Laloux S. 50). So werden ökologische Programme keine Pflichtaufgaben, sondern die demütige Sorge um Leben und Natur und das Gemeinwohl wird zu unserer natürlichen Haltung. Unsere Werte verändern sich, ohne dass uns das stört und wir wollen nicht mehr so handeln wie früher.
Gerade deswegen ist diese Bewusstseinsentwicklung auch dringend mit (politischen) Programmen zu verbinden, zu erforschen und auch für diese Lebensbereiche zur Verfügung zu stellen. Mit anderen Worten: Ohne dieses neue Bewusstsein und ohne dieses Unterstützungsvermögen bleibt die ökologische Sorge nur Pflichtprogramm.
Kommen wir zu den Organisationen zurück. Wie fremd es uns vorkommt, der Unternehmensseele selbst eine Stimme zu geben, das ist uns allen wieder in einem Führungstraining gerade letzte Woche (10./11. Februar 2022) bewusst geworden. In diesem Sinne betrachten wir Unternehmen nicht als Maschinen, sondern als Lebewesen mit einem ihm eigenen Sinn, eigener Identität, und einem „Gefühl von Richtung“ (Laloux S. 200): „Was ist die Berufung dieses Unternehmens?“ (Brian Robertson, Gründer von Holacracy, in Laloux, S. 200) Auch dann, wenn der Unternehmens-Gründer, die Gründerin, selbst in eine andere Richtung möchte.
Laloux stellt vor, wie wir es schaffen können, sinnvolle und beseeltere Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln. Auch, da unsere traditionellen Organisationen mit in der Verantwortung stehen, dass unsere natürlichen Ressourcen ausgebeutet, Ökosysteme zerstört und sich mit-verantwortlich zeigen für den Klimawandel. Aber Laloux ist kein Schwarzmaler. Er zeigt fundiert, wie mit einer neuen Weltsicht und neuem Bewusstsein auch neue Formen der Zusammenarbeit möglich werden. Denn die Menschheit (das menschliche Bewusstsein) hat sich in ihrer Geschichte durch eine Reihe aufeinanderfolgender Stufen entwickelt. Und auch unsere organisationalen Formen sind Ausdruck unseres Bewusstseins. Das heisst: Wenn wir unser Bewusstsein erhöhen, dann werden wir auch neuere, beseeltere Formen des Zusammenlebens in allen Lebensfeldern entwickeln können. So gibt uns Lalouxs einzigartiges Werk Hoffnung und lässt sich auf andere Lebensbereiche übertragen. Jetzt sind wir soweit, dass wir beseeltere Familien, beseeltere Schulen, beseeltere Kindertagesstätten, beseelteren Sport, eine beseeltere Kunst und eine beseeltere Wissenschaft schaffen und betreiben können. Wir können unser Herzblut einbringen und unsere Berufung, wo wir erfüllend und sinnorientiert leben dürfen. Wenn wir aber nach wie vor glauben, dass Unternehmen Maschinen sind, dann finden wir den Zugang zu beseelten Organisationen nicht. Deswegen ist es notwendig unsere Annahmen über die Welt zu hinterfragen und ggf. zu verändern. Dann sehen wir, dass wir alle und alles miteinander verzahnt sind und ökologische Programme mit Programmen der Bewusstseinsentwicklung zu verknüpfen sind.
Ob Sie Lehrerin, Unternehmer oder Politikerin sind, es finden sich auch für Sie Möglichkeiten die Welt zu einem besseren und beseelteren Platz zu machen. Und vielleicht wollen Sie ja als Zahnarzt mitfühlend den Patientenstuhl noch mehr den Bedürfnissen der Patienten anpassen oder sich am Morgen, zusammen mit Ihrem Team, fünf Minuten in Ruhe einstimmen auf Ihre Patientinnen und Patienten und um Beistand und Begleitung bitten, dass Ihre Behandlungen zum Wohle aller gelingen mögen.
Zwei Beispiele:
Der „Heilige Campus“
Vor einigen Jahren kam in einer Aufstiegsfortbildung, die drei Monate dauerte, eine Teilnehmerin zehn Wochen lang dunkel gekleidet und mit einem schwarzen Halstuch und schwarzer Jacke und sie trauerte wegen des Todes ihres Mannes und ihres Sohnes. Auf kleinere Aufmunterungen reagierte sie ablehnend. Wer wollte es ihr verdenken, dass sie kein Interesse mehr an einer Familie oder gar Liebesbeziehung hatte. Aber nach zehn Wochen, wir trauten unseren Augen kaum, kam sie in einer gelben Bluse, mit gelbem Halstuch und gelber Jacke und sie strahlte wie die Sonne. Und dies dauerte auch die restlichen 14 Tage an. Als wir sie erneut aufmunterten, dass doch das Leben weiter ginge und vielleicht wieder einmal ein neues Glück auf sie warte, da glänzten ihre Augen und wir erkannten, dass sie ein großes Stück weiter gegangen war in ihrer Trauerbewältigung.
Wie war dieser sichtbare Wandel möglich geworden? Sie war Teil einer wunderbaren Weiterbildungsgruppe, die sich untereinander stark unterstützte und eine Atmosphäre gestaltete, in der Heilung möglich war. Und auch wir, als Dozententeam, begleiteten diesen heilsamen Prozess durch unsere Art ein gruppendynamisches Milieu zu erzeugen, das von einer tiefen Wertschätzung und Akzeptanz getragen war und in dem sich ein Bewusstseinsraum entfalten konnte, der größer war als der Schmerz und das Leid. So konnte sich das Leben wieder erinnern, dass es lebenswert ist.
Vordergründig gehen wir zur Arbeit, um unseren Dienst zu verrichten und unsere Produkte zu verkaufen. Auf einer tieferen Ebene treffen wir uns, um beseelte Formen der Begegnung zu schaffen, um Liebe zu lernen und uns zu heilen.
Sieben Leben für die Musik
Am 5. Februar 2022 strahlte 3sat den Film von Katharina Kleber aus: „7 Leben für die Musik – Die Familie Kanneh-Mason“. Natürlich kann nicht jedes Kind musikalisch begabt sein. Aber der Film zeigt viele andere wichtige Elemente, wie eine Familie zusammenhalten kann und ein Segen für die Kinder selbst und für diejenigen werden kann, die von der Gabe dieser Kinder berührt werden. Die Eltern (Kandiatu und Stuart) der Kinder – einige davon mittlerweile junge Erwachsene – haben ihre Wurzeln in der Karibik. Jetzt lebt die Familie in Nottingham. Die Eltern verstehen es die Kinder zu fördern, aber ohne sie zu überfordern. Es scheint, als würden die Eltern eine Familienatmosphäre kreieren, im Sinne einer Servant Leadership, in der die Kinder und jungen Erwachsenen ihre Selbstorganisation spielerisch entfalten können, ohne Zwang, wenngleich sehr zielgerichtet und durchaus auf Perfektion aus. Aber das scheint aus den Kindern selbst zu kommen. Die Eltern sind der Rückhalt der Talente, wo sie den Raum schaffen innerhalb dessen die Kinder Vertrauen ins Leben und ins Spiel finden können. Und man spürt die große Freude und den spielerischen Spaß, mit der sich die jungen Menschen gegenseitig anspornen und große Vorbilder für andere junge Menschen sind. Alle fühlen ihre Berufung in der Musik und Kandiatu und Stuart (Eltern) öffnen ihr Herz weit und ermöglichen es so, dass die Heranwachsenden ihr ganzes Wesen von ihrem größeren Sinn der (klassischen) Musik beleben lassen können und ihre Berufungen leben, die ihre Seelen nähren. Und es scheint, als ob die Familienseele so berührt würde, dass sie sich traut sich zu zeigen, sich zu entfalten und dass sich ihr die Einzelinteressen der Kinder wie selbstverständlich unterordnen. So werden die Eltern zu den Verwaltern der Familienseele und der Talente der Kinder (vgl. Laloux S. 256). Und ganz bestimmt erleben die jungen Erwachsenen in der Familie Kandiatu/Stuart eine sichere Bindung, in der sie sich geschützt und getragen fühlen und sich zum Ausdruck bringen dürfen. Auch wenn der Ehrgeiz der jungen Musikerinnen und Musiker kaum überhört werden kann, so entfaltet ihr musikalisches und menschliches Zusammenspiel eine Leichtigkeit, die sich dann auch mit Mozarts Heiterkeit verbindet. Und immer wieder bezeichnend, wie die Mutter im kommunikativen Austausch mit ihren Kindern ist, in präsentem Dialog und tiefem Zuhören (Praktiken zur Ganzheit), im Sinne Lalouxs. Wir können von dieser Familie viel lernen. Denn alle Familien haben ein einzigartiges Geschenk, das sie der Welt geben können. Es will entdeckt werden.
Was ist das Geschenk Ihrer Familie an die Welt?
Laloux der Pionier
Frederic Laloux ist ein Pionier. Sein bahnbrechendes Werk hat Bedeutung weit über die Management-Grenzen hinaus. Es inspiriert die integrale evolutionäre Perspektive auch in den anderen Lebensfeldern zu verwirklichen. Und mit ihm können wir fragen, ob sich denn das integrale evolutionäre Bewusstsein auch auf die Gesellschaft auswirken könnte. Vielleicht werden wir dann „reichere“ Beziehungen haben, emotional, spirituell, statt grenzenlosem Wachstum (S. 291). Vielleicht werden wir zu pädagogischen Konzepten kommen, die den individuellen Potentialen der Schülerinnen und Schüler mehr Beachtung schenken. Und vielleicht können wir dann Wirtschaft und Spiritualität mehr miteinander verbinden. Denn technologischer Fortschritt, ohne spirituelle Entwicklung, das hat schon Albert Schweitzer betont, wird zu einer einseitigen Gefahr.
Natürlich hat Laloux sein Bewusstsein auch im Verlauf des Schreibprozesses seines Buches geschärft und vertieft. Aber sein Gemüt war schon vorher offen und „vorbereitet“ für diese Entwicklung. (So muss das Bewusstsein jeder Führungskraft größer sein als alle zu vernetzenden „Bewusstseine“ der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). Sonst könnte, natürlich mit Unterstützung der im Buch zitierten Gründerinnen und Gründer, diese bahnbrechende Arbeit gar nicht aus ihm geboren werden.
All das bekommen wir vermutlich nicht umsonst. Wir benötigen großen Mut, um uns auf Neues einzulassen. Das kennen und wissen wir auch aus Zeiten der Digitalisierung.
Und uns hilft ein großer Zweck (MTP=Massiver Transformativer Purpose), der uns durch die Unwegsamkeiten transformativer Veränderungen trägt. Aber dafür müssen wir natürlich erst einmal wissen, wer wir als Menschheit sind und sein wollen. Denn die Geschichte unseres Universums hängt von unseren Fragen ab, die wir uns stellen.
Lalouxs Ausführungen passen zu meinem Blogartikel: „Worauf es jetzt ankommt: 21 Prämissen für die neue Welt“. (https://alois-futschik.com/worauf-es-jetzt-ankommt-21-praemissen-fur-die-neue-welt/)
Sie passen zu meiner Prämisse 1) „Wir müssen weit zu den gedanklichen Fundamenten zurückgehen auf die unsere Welt aufgebaut ist und überprüfen, ob diese Fundamente uns heute noch tragen können und sie dann entsprechend erneuern.“
Denn Laloux hat herausgefunden, dass „Jedes Mal, wenn wir als Spezies unser Denken über die Welt verändert haben, entwickelten wir wirkungsvollere Organisationsformen.“ (S 12)
Sein Leitfaden passt auch zu meiner Prämisse 17) „…dass wir uns für die höchsten und besten Zukunftsmöglichkeiten für die Menschheit öffnen und diese Realität werden lassen.“ Denn Frederic Laloux beschreibt in seinem Buch 12 zukunftsweisende Organisationen, denen die Durchbrüche hin zu Selbstführung, Ganzheit und Evolutionärem Sinn gelang und er geht auch auf die Bedingungen, Herausforderungen und Hindernisse ein bei der Entwicklung solcher evolutionären Organisationen, ebenso gibt er einen Überblick über deren Strukturen, Praktiken und Prozesse.
Und weiter bei Laloux: „Auf der integralen Stufe bringt uns die Suche nach innerer Stimmigkeit zu einer Seelenreise, auf der wir uns fragen, wer wir sind und was unser Sinn in diesem Leben sein könnte.“ (Laloux S. 45) Erinnern wir uns an die 9. Prämisse in meinem Blogartikel „Worauf es jetzt ankommt“, wo es heißt: „Dazu gehört, dass wir erforschen, wer wir (als Menschheit) sind und wer wir sein wollen.“ Für meine Aussagen lassen sich viele Belege in Lalouxs Buch finden.
Auf dieser neuen Bewusstseinsstufe verstehen wir, dass wir Teil von etwas Größerem sind, dass wir eins mit der Natur sind (vgl. Laloux S. 50). So werden ökologische Programme kein Pflichtaufgaben, sondern die demütige Sorge um Leben, Natur, und das Gemeinwohl wird zu unserer natürlichen Haltung.
Der Mut der Gänsesäger-Küken
Erst kürzlich war ich sehr beeindruckt vom Mut der Gänsesäger-Küken. Was können wir von Gänsesäger-Küken lernen? Gänsesäger bauen ihre Nester in Höhlen von Ästen, die in das Wasser hineinragen, so im Auengebiet der Donau bei Wien. Wenn die Zeit reif ist, springt ein Junges nach dem anderen aus mehreren Metern Höhe (erstmals im jungen Leben) aus dem Nest in das Wasser weil es die einzige Möglichkeit ist, im Leben den nächsten Schritt zu tun: „Bold“=kühn, wagemutig. Denn die Küken wissen natürlich nicht, was es heißt im Wasser zu landen. Aber ihr tiefes Vertrauen ins Leben treibt sie zu diesem Sprung an.
Das neue evolutionäre, integrale Bewusstsein ist so ein Schritt.
Sind Sie auch mutig? Sind Sie bereit? Springen Sie mit?
Machen Sie gleich den Test in der Übung in meiner Rubrik Change4you:
Übung: Sinnstiftende Formen der Zusammenarbeit
https://alois-futschik.com/uebung-sinnstiftende-formen-der-zusammenarbeit/
Helfen Sie mit, dass sich diese neuen Wege auftun. Werden Sie selbst zur Pionierin, zum Pionier, auf Ihrem Gebiet und in Ihren Lebensfeldern.
In meinen Programmen: „Mentoring4 VIPs“
und „Life & Life – Das Manifest für Erfolgreiche!“
https://alois-futschik.com/life-life-das-manifest-fuer-erfolgreiche-2/
unterstütze ich Sie gerne. Ich helfe Ihnen, wenn Sie wollen, ein Projekt Ihrer Wahl und nach Ihren Möglichkeiten zu entfalten, um die Welt zu einem besseren Platz zu machen und mit Ihrer Gabe zu bereichern und Ihren Sinn zu leben.
Viel Erfolg und ich freue mich auf Sie!
Herzliche Grüsse
Alois Futschik
Homepage: alois-futschik.com
Email: kontakt@alois-futschik.com
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